Ellen Kobe

SPRECHEN UND STILLEN

Eine temporäre STILLPLATTFORM auf der documenta 12, Kassel 2007, mit Dr. Marvin Altner, gefördert von der Heinrich Böll Stiftung, Fonds Soziokultur und der Kunstvermittlung der documenta12

Aufsicht_Heckenquartier_Marmorbad_Karlsaue_Kassel

Mit der Inszenierung einer STILLPLATTFORM wird die Ur-Form menschlicher Schöpfungstätigkeit, die Geburt, im Ausstellungskontext reflektiert. Müttern mit Kindern im Stillalter, einer Gruppe von Menschen, die leicht in Gefahr geraten, sich in einer gesellschaftlichen Nische wiederzufinden, wird nicht nur Zugang zur documenta verschafft, sondern es gilt, gemeinsam zu entdecken, welchen Blick auf Kunst dieser Zugang hervorbringt. Wenn die documenta als eine politisch wirksame Ausstellung verstanden wird, so bietet die STILLPLATTFORM ein lebendiges Forum, das die geläufigen medialen Bilder und Vorstellungen von Mutterschaft erweitert. „Was ist das bloße Leben?“

Die VIP-Lounge an der Orangerie in der Karlsaue wurde in eine STILLPLATTFORM umgewandelt. Sie gab den Müttern die Chance, im Zentrum des documenta-Geschehens einen markierten und dadurch geschützten Raum zu genießen, ohne sich aber von der Öffentlichkeit abgetrennt zu fühlen.

Zum Projekt gehörte ein gemeinsamer Rundgang durch den documenta-Standort Aue-Pavillon. Die Frauen hatten die Möglichkeit, als Ausstellungsbesucherinnen, Teilnehmerinnen eines künstlerischen Projekts und als Gesprächspartnerinnen im Rahmen eines geführten Rundgangs aufzutreten – ohne dabei ihre Position als Mütter ihrer Kinder vernachlässigen zu müssen.

Mit welchem Blick schauen sie auf künstlerische Schöpfungen, nachdem sich gerade ihren körperlichen Schöpfungsakt vollbracht haben?

Das alte Bild der christlichen Ikonografie, die Madonna mit dem Kind, erschien durch die Gruppe multipliziert als tableau vivant in der Ausstellung aktueller Weltkunst. Die Rundgänge wurden auf Video aufgezeichnet.

SPRECHEN UND STILLEN war Thema einer lunch lecture auf dem Podium der documenta 12, eines Beitrages der Internationalen Konferenz „Mütter – Väter, Elternschaft zwischen medialer Inszenierung und Sozialer Praxis“ an der Leibnitz Universität Hannover und wurde im Rahmen der Ausstellung „Milky Images“ der Galerie Art Transponder Berlin 2007 vorgestellt.

Weiterführende Literatur
https://www.documenta12.de/fileadmin/Kunstvermittlung_Projekte/Marvin_Altner_SuS_d12.pdf